Intelligente Veränderung und Steigerung von Resilienz mit Alexander-Technik

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Keine Frage: die Belastungen in der Arbeitswelt sind hoch. Zeitdruck, zu viele Aufgaben, zu wenig Personal, schlechtes Kommunikations- und Führungsverhalten von Vorgesetzen und nicht zuletzt möglicherweise private Themen wie Pflege, Kinderbetreuung oder Verlust geliebter Menschen. Dass Arbeitgeber eine Verantwortung haben, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen, ist ebenso unwidersprochen. Und so bleibt der Blick auf den Menschen in seinem Stresserleben und der Frage: wieviel Belastungs- oder Widerstandsfähigkeit hat ein Mensch und wie kann er/sie diese entwickeln, verstärken oder wiederfinden. Darum geht es in diesem Beitrag.

Mindestens eine Sache ist eine große Fehlannahme: Resilienz hätte mit „Aushalten“ zu tun. Mitnichten. Damit unterdrückt man nur alles, was zu einer Weiterentwicklung beitragen kann. Und „Aushalten“ ist nicht gleich „Durchhalten“. Denn Letzteres hat sehr wohl mit Resilienz zu tun – in ganz bestimmter Weise.

Wenn ein Mensch sich auf „aushalten“ gestellt hat, dann ignoriert er z.B. Körpersignale, Bedürfnisse und die Selbstwahrnehmung wird immer geringer. Dazu kommen Gewohnheiten im Körper und im Denken, die zu Spannungen führen, zu ungünstigen Reaktionen sich selbst gegenüber und in der Begegnung mit anderen Menschen – im Arbeitsleben oder privat. Unglücklicherweise heißen die Ratschläge aus dem Umfeld häufig etwas ähnliches wie „das schaffst Du schon“, „beiß die Zähne zusammen“, „nimm mal eine Auszeit, dann wird das schon“. Oder man erhält Vorschläge für Tools zum Zeitmanagement, Prioritäten-setzen oder ähnliches.

Ich stelle hier einen Ansatz vor, der sich der Frage von Resilienzentwicklung und Anpassungsfähigkeit von einer anderen Seite her widmet und sehr hilfreiche Unterstützung bietet.

Wenn wir Resilienz auch als eine Fähigkeit verstehen, mit herausfordernden Situationen angemessen umzugehen, tut sich das weite Feld der menschlichen Reaktionen auf – verbunden mit den Gewohnheiten, durch die wir uns definieren. Hier werde ich die Erkenntnisse und Prozesse beschreiben, die uns F.M. Alexander (1869-1955) und die Alexander-Technik (AT) bieten. Ihr wichtigstes Merkmal ist nach F.P. Jones („Freedom to change!, 1976, S.4) folgendes: „Die AT öffnet ein Fenster zu dem wenig bekannten Bereich zwischen Reiz und Reaktion und gibt Ihnen das Wissen über sich selbst, das Sie brauchen, um Ihre Reaktionsmuster zu verändern – oder, wenn Sie wollen, ihnen gar nicht mehr zu folgen.“ D.h., sie liefert uns eine Anleitung, um unsere Anpassungsfähigkeit zu stärken. Das ist die beste Grundlage für mehr Resilienz. AT schult uns in vier wichtigen Feldern, die Resilienz beeinflussen: Selbstkenntnis, Impulskontrolle, Strategien für Selbstfürsorge und Weiterentwicklung der Anpassungsfähigkeit.

Die Selbstkenntnis ist ein umfassendes Element. Nicht nur sollten wir unsere Bedürfnisse kennen. Auch unsere Fähigkeiten, Stärken, Schwächen, usw. Das sind Themenbereiche, die das geistige und vielleicht noch das emotionale Erfassen unserer Persönlichkeit  abdecken. Was sehr häufig NICHT mit einbezogen wird, ist die Kenntnis über unsere Körperwahrnehmung. Warum ist sie so wichtig? Alexander hat eine Entdeckung gemacht, die bedeutsam für den Menschen in seiner Körper-Geist-Seele-Einheit ist und die später in der Forschung bestätigt wurde. Es gibt einen sogenannten “Schreckreflex” (für Alexander “fear reflex”), der einige körperliche Reaktionen des Zusammenziehens und Anspannens umfasst. Eine davon ist das “Zementieren” des Kopfes auf der Halswirbelsäule mittels Muskelanspannung in den Subokzipital- und anderen Halsmuskeln. Alexanders Entdeckung war nun, dass das Zusammenspiel von Hals und Kopf und das Verhältnis beider zum Oberkörper einen bestimmenden Einfluß auf die Koordination des GESAMTEN MENSCHEN hat. Wenn also der Kopf auf die Wirbelsäule gedrückt wird, leidet der Mensch darunter. Warum der gesamte Mensch – und nicht nur die Bewegungskoordination? Alexander verstand den Menschen als “psycho-physische” Einheit, in der alle Bereiche zusammenspielen und sich gegenseitig beeinflussen. Unsere äußere Haltung (Körperkoordination) wirkt sich also auf unsere innere Haltung (Mindset, seelisches Gleichgewicht) aus.

Widmen wir uns dem ersten der für Resilienz wichtigen o.g. Bereiche: Selbstkenntnis. Alexanders erster Schritt ist das “Analysieren des momentanen Gebrauchs” – also die Selbstbeobachtung. Und zwar ohne Bewertung, vor allem ohne Abwertung. Nur wenn ich weiß, was ich (mit mir selbst) mache, kann ich eine Veränderung angehen. Diese Selbstbeobachtung beinhaltet zuerst und vor allem das Bemerken von übermäßiger muskulärer Anspannung, die ich meinen Handlungen beimische. Oder von denen ich glaube, sie machen und spüren zu müssen, damit meine Ich-Definition stimmt. Dazu gehören Dinge wie “die Schulter anspannen, wenn ich die Computermaus greifen will”, “meine Halsmuskeln anspannen, wenn ich meinen Ärger ausdrücken will”, “Anspannung im gesamten Körper auslösen, wenn ich mich konzentrieren oder etwas besonders gut machen will”. Und auch: “welche Anspannungen entstehen, wenn ich unter Druck bin?”.

Schauen wir auf den zweiten Bereich, die Impulskontrolle, Alexander nennt es Innehalten. Die meisten der o.g. Beobachtungen gehören in das Feld von Gewohnheiten. Also so häufig wiederholt, bis sie uns normal vorkommen und unsere damit verbundenen Anspannungen auch. Das Innehalten gibt uns die Chance, den Einfluß der Gewohnheit zu verringern. Weil wir zunächst nicht auf einen Reiz, wie Alexander es nennt, reagieren (das kann alles sein von “ich will die Exceltabelle ausfüllen” bis “der Kollege raunzt mich an”). Es ist ein innerliches Stopzeichen, mit dem wir uns erlauben, die bisher bekannte Reaktion zu unterbrechen. Dabei können wir dann feststellen, was genau die Gewohnheit ist und wie sie mit unserer Selbstdefinition zusammenhängt. Dieses neuartige sich-selbst-kennenlernen wirkt sich immens auf unsere Resilienz aus, denn wir können hierbei herausfinden, mit welchen (inneren) Vorgängen wir uns selbst im Wege stehen. Hierauf bezieht sich das oben angeführte “Fenster”-Zitat von F.P. Jones.

Im Anschluß an diese Erkenntnisse können wir uns den Strategien für Selbstfürsorge widmen. In diesem Fall geht es jetzt nicht darum, welcher Sport oder welche Rituale mir guttun. Aus dem Blickwinkel der AT ist hier wichtig, welchen “Gebrauch” wir von unserem Organismus machen, wenn wir etwas tun oder denken. Der “Selbstgebrauch” ist ein zentraler Begriff in der AT. Wir lernen dabei, die ungestörte, natürlich-gelöste Ausrichtung des Körpers wieder herzustellen mittels gedanklicher Selbstanweisungen (Alexander: “Direktiven”). Diese bringen uns in Verbindung mit der natürlichen dreidimensionalen Ausrichtung des Körpers und seiner Tendenz, in die Expansion zu gehen anstatt ins schädliche Zusammenziehen. Sie geben dem Gehirn die Chance, uns wieder auf “Werkseinstellung” zurückzubringen. So werden Bewegungen leichter, der Körper gelöster und wir bekommen eine zuverlässigere Selbstwahrnehmung. Verspannte Muskulatur überdeckt nicht mehr die Informationen über innere Bedürfnisse und v.a. nicht über mögliche alternative Reaktionen im Vergleich zu unseren gewohnheitsmäßigen Handlungs- und Verhaltensweisen. “Unterricht in AT löst einen organischen Prozess von Veränderung aus, der schrittweise alte festgefahrene Gewohnheiten ersetzt durch neue Gewohnheiten, die flexibel sind und selbst wieder verändert werden können.” (Jones, 1976, S. 14)

Damit öffnet sich das Feld für die Weiterentwicklung unserer Anpassungsfähigkeit – den Kern von Resilienz. Alle protektiven Faktoren eines resilienten Systems werden mit den Schritten der Alexander-Technik-Arbeit aktiv beeinflußbar und beeinflußt: Akzeptanz, Optimismus, Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortung, Lösungsorientierung, Zukunftsorientierung, Achtsamkeit, Ungewissheitstoleranz, Veränderungsbereitschaft.

Und zwar ohne Zwang, aus eigener Neugier und Forschergeist heraus. Das ist die beste Voraussetzung für ein reduziertes Stresserleben in herausfordernden Siutation und Zeiten.

Nutzen Sie also für Ihr Unternehmen Training mit Alexander-Technik!

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