Vom Hamsterrad zum Riesenrad
Beides ist nur eine Entscheidung weit entfernt. Worin liegt jetzt genau der Unterschied zwischen dem Hamsterrad und dem Riesenrad?
Wenn ich an das Hamsterrad denke, dann kommen mir automatsich Bilder von einem kleinen, strubbeligen Kerl in den Kopf, der sich permanent abmüht und immer weiter macht mit dem Ergebnis, dass er nie ankommt – vermutlich ist ihm schon nicht mehr bewusst, dass er gar kein echtes Ziel vor Augen hat und so verlieren auch die Dinge, die sich rechts und links so bieten ihren Reiz.
Denke ich an ein Riesenrad, dann hat die ganze Aktion doch einen bewusst gewählten Anfang und auch ein vorher festgelegtes Ende. Die Drehbewegung wird sogar rein zu meinem Wohlbefinden ausgeübt. Ich kann verschiedene Blickwinkel genießen, das Umfeld des Riesenrades aus verschiedenen Perspektiven betrachten und mich von den verschiedenen Eindrücken inspirieren lassen.
Plötzlich hat alles die Leichtigkeit eines Ausflugs auf den Rummelplatz.
Wie kann es mir nun gelingen, dass ich ganz bewusst vom Hamster zum Rummelplatzbesucher werde. Da bietet das Handwerkzeug eines Schauspielers hervorragende Möglichkeiten – auch ausserhalb der Bühne – für sich selbst eine völlig neue Realität zu erschaffen.
Denn es ist dein Leben, deine Bühne und deine Regie
Um die Idee noch besser verstehen zu können gibt es erst einmal ein wenig Theatertheorie.
Der russische Regisseur und Theatertheoretiker Konstantin S. Stanislawski (1863 – 1938) war ein Vertreter des Naturalismus. Er wollte ein Theater erschaffen, das so realistisch wie möglich sein sollte. Im Mittelpunkt dieser Theorie steht das absolut authentische Spiel des Schauspielers im Bühnengeschehen. Seine Idee hat das Sprechtheater revolutioniert und damit eine Basis geschaffen, nach der bis heute Darsteller für das Sprechtheater ausgebildet werden.
Die Idee wird von zwei Säulen getragen, der Arbeit des Schauspielers an sich selbst und der Arbeit des Schauspielers an der Rolle. In diesen beiden Schritten verläuft auch die Ausbildung eines Darstellers. Eine fundierte Selbsterfahrung und die damit verbundene Außenwirkung stellen die erste Säule dar. Nach diesem Schritt kann als zweite Säule der Prozess des Fremderlebens, das Ausgestalten der dramatischen Figur, beginnen. Nach seiner Idee soll jeder Schauspieler auf eigene Erfahrungen und Gefühle, das sogenannte emotionale Gedächtnis, zurückgreifen. Diese Technik ermöglicht es dem Schauspieler sich mit der Rolle zu identifizieren und sich so weit wie möglich einzubringen. Sein Konzept geht vom inneren Erleben der Rolle aus mit dem Ziel das Spiel sich dem realen menschlichen Ausdrucks- und Kommunikationsverhalten anzunähern, sei es durch Beobachtung und Nachahmung, sei es durch Erinnerung.
All diese Techniken aus dieser Methode helfen, meiner Erfahrung nach, auch außerhalb der Bühne – es gibt nur eine Grundvoraussetzung: Betrachte dein Leben als dramatische Figur, denn so wird das Leben dein Theaterstück in dem du die Rollen spielst und in dem du mit deiner Regie entscheidest, wie es laufen soll.
So wird es möglich das Hamsterrad zu stoppen und das eigene Riesenrad auf dem Rummelplatz deines Lebens zu kreieren.
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